Texelbericht

Vom 31.8 bis 6.9.1986 fuhr der Biologieleistungskus mit 25 Schülern und Herrn Galinsky sowie der Erdkundeleistungskurs mit 11 Schülern und Frau Wacker auf die niederländische Insel Texel. Die gemeinsame Abfahrt vom ZOB Braunschweig war für Sonntag, den 31.8 gegen 8 Uhr vorgesehen. Während im Baus gute Stimmung herrsche und Ansätze von mehr oder weniger geduldeten Getränken vernichtet wurden, fuhr Biolehrer "Galle" Galinsky mit dem ehemaligen LG-Schüler Schwarz schon mit dem Auto in Richtung Texel vor. Vorfreude prägte das Geschehen, obwohl diese Reise nicht nur als Vergnügungsfahrt geplant war hatten doch schon in Braunschweig gebildete Gruppen jeweils bestimmte Aufgaben im Themenbereich Biologie bzw. Erdkunde zu bearbeiten. So untersuchte z.B. eine Gruppe die Vegetation des Wattenmeeres, ein andere Gruppe die Gliederung und Strukturierung eines Inseldorfes. Demzufolge waren Besuche mehrerer Orte auf Texel selbstverständlich mit dem Rad, insbesondere Besuch in Museen und zoologischen Instituten im Programm vorgesehen.

Gegen 14 Uhr traf die LG-Delegation in Den Helder/Niederlande ein um dann mit der Fähre nach T'Horntje/Texel überzusetzen. Dort angekommen mußten wir allerdings eine nicht vorgesehene Wartezeit in Kauf nehmen, da Herr Galinsky nicht zum verabredeten Zeitpunkt am Hafen mit den Fahrrädern auf uns wartete. Jeder hatte nun die Möglichkeit, sich körperlich und seelisch auf anstrengende (ständiges Radfahren) und lustige sechs Tage Texel vorzubereiten. Plötzlich tauchte ein roter Kleintruck der Firma Volkswagen auf, beladen mit G. Galinsky, D. Schwarz, Unmengen von Rohfleisch, Kartoffeln, Gemüse, Obst und kleinen weißen ovalen, mit Dotter gefüllten Kugeln, die aus einem Überfall auf ein Hühnerfarm nahe Amsterdam stammten.

Wenige Minuten später standen auch die Räder zur Verfügung und wir konnten unsere Fahrt zur Bungalowsiedlung De Slufter (Slufterhoek) fortsetzen. Die ersten Stunden wurden durch Kennenlernen, Einräumen und Beziehen der Bungalows ausgefüllt. Schon jetzt konnte man feststellen, daß die in Braunschweig propagierte Vorankündigung bezüglich des Wetters sich nicht konsequent bestätigte, da alle Jacken und Pullover, die laut Galinsky auf Texel nicht erforderlich sein würden, nun erforderlich wurden. Es regnet wenig Niederschlag, vielmehr war es meistens sonnig, aber leider etwas zu kalt (Salm).

Für Leser dieses Berichtes, die nicht mit auf Texel waren, hier einmal ein typischer, repräsentativ ausgewählter Tagesablauf:

Regenerationsphase, Wecken, Aufstehen, Waschen (?), Frühstück (auf jeden Fall), Treffen am Lehrerbungalow (Führerbunker bzw. Führerhauptquartier der auf Texel stationierten Lessingschüler), Radfahrt bis zum Exkursionsziel, Rückkehr (?, auch mit dem Rad), Mittagessen (notwendig zu überleben, aber ohne Rad), erneute Exkursion bzw. Freizeit, Abendessen, Freizeit (d.h. Vorbereitung und Grundlagenschaffung für die Regenerationsphase, also innerliches einreiben mit Arzneimitteln wie Amstel-Bier, Piña Colada, Malibu, Cola, und Milch), Ausklang des Abends, langsame Auflösungserscheinungen (durch Kauen) und Eintritt in die Regenerationsphase (z.T. auch Schlaf).

Mögliche Abweichungen sind möglich, denn möglich ist alles!

Möglich war auch, daß sich fünf Schüler kurz vor Eintritt der Regenerationsphase entschlossen, das Wagnis einzugehen, am Führerbunker anzuklopfen und um Klopapier zu bitten: Als nach nochmaligen Klopfzeichen die Tür von Frau Wacker geöffnet wurde, rief einer der fünf Schüler ins Bungalowinnere hinein: "Ist hier Fete?". Ruhe bzw. Stille durchzog die Nacht, bis plötzlich aus dem Bungalow der Ruf einer wohlbekannten Person schmetterte: "Wer hier rein will, muß zwei Dinge mitbringen, erstens gute Stimmung und zweitens Alkohol, ... rin mit der Bande!". Es folgte, was folgen mußte. Die Schüler selbst wurden von Gerhard G. aus B. mit guter Stimmung bzw. DDR-Geschichten und "Alk" versorgt (Ein' könn 'ma noch-Prinzip, Zitat Gerhard G.: " Zusammen oder allerlei, alles Gute das sind drei", und zieht noch 'ne Flasche Alk-Piña Colada hervor). Man verabschiedete sich rechtzeitig zum Frühstück!

Ein Höhepunkt des Texelbesuches war eindeutig die Radfahrt zum Hafen Oudeschild, wo auf uns ein original Texel-Fischkutter wartete. Allerdings war schon der Weg zum Hafen mit Unheil und Ängsten gepflastert, so geschah es nämlich, daß wir plötzlich am Horizont einen runden braunen Punkt erspähten, der sich beim Herannahen als ein menschenähnliches Wesen entpuppte. Kennzeichen dieses Wesens war eine helle Cord-Hose mit Ultraschlag, eine braune Wildlederkutte und eine tellerminenähnliche schwarze Schiffermütze sowie starker Haarwuchs im Gesicht. Nach einigen Schrecksekunden sprach ein mutiger Schüler das Wesen an: "Wer bis Du?". Die Antwort erfolgte nur wenige Millisekunden später: "Ach Verehrtester ..., Sie Deliquent und Vertreter einer Plastikgeneration, Ihr Volksgenossen seid doch alle Konsumenten, genetische Querschläger, Amöben und Hektoparasiten im Intermediärstadium, Ihr Trivialskis, Ihr!". Nun war allen klar, wer vor uns stand und über seine Radpanne fluchte. Trotzdem kamen wir noch rechtzeitig im Hafen an und konnten in See stechen, um Garnelen zu fangen und diese dann zu essen (einige auch nicht).

Ein weiteres eindrucksvolles Erlebnis hatten wir in Zusammenhang mit einer Dünenexkursion. Alfons ähh, en France, ne bbsss, anfangs noch gutes Wetter komma überraschte uns während dieser Wanderung ein gewaltiger Wetterumschwung. Es regnete Meer herab.... als sonst. --- Dazu kam ein wüstenähnlicher Sandsturm bei dem die freiliegenden Hautpartien des menschlichen Körpers (Gesicht, Hände und Bauchnabel) wie in einem Sandstrahlgerät geschmirgelt wurden. Glücklicherweise erreichten wir bald unsere stark an Bungalows erinnernde Oase. Auch dort gab es einiges zu bestaunen. So war da die heißhungrige Erwartung auf große Mengen Kartoffelpuffer, die sich dann als intermediäre Leichtflugobjekte entpuppten. Trotz Aufteilung des Pufferteigs unter dem Elektronenmikroskop war es uns nicht möglich, die bestehende Ration von einem Puffer pro Person drastisch zu erhöhen, da uns die notwendigen Mikrohaushaltsgeräte (z.B. Druckkompressor, Schiebedach) fehlten. Trotzdem konnte man über das Essen nicht meckern, denn qualitativ war es gut, und wenn es manchmal mengenmäßig nicht reichte, so war dafür wohl einzig und allein das hungeranregende gute Klima auf Texel verantwortlich. Außerdem verursachte die ungewöhnliche Inselluft bei einigen Schülern insoweit sportliche Ekstase, daß z.B. Axel D. beim Fußballspielen dreimal in einer Minute die Waschbetonplatten unfreiwillig küßte. Ebenso sportlich verhielt sich Stefan S. während der Aufräumaktion, die für alle Bungalows am letzten Tag angesetzt war. Er degradierte sich zum Klempner von Notre Dam und bohnerte die Fliesen des Führerbunkers, was zur allgemeinen Belustigung beitrug.

Am anderen Morgen, Samstag den 6.9.1989, gegen 9.30 Uhr war die Abfahrt in Richtung Braunschweig vorgesehen. So fuhren wir zunächst wieder mit dem Rad bis T'Horntje, um dann von dort aus mit der Fähre endgültig Texel den Rücken zu kehren und nach Den Helder überzusetzen. Ab 12.30 Uhr ging es weiter mit dem Bus nach Braunschweig, wo wir gegen 19.30 Uhr voller Freude und guter Erinnerungen ankamen.

Etwaige Mißklänge sollen aber auch in diesem Bericht nicht ausgeklammert werden. Man muß dabei aber festhalten, daß, wie allgemein bekannt, Gruppenfahrten unter Jugendlichen nicht immer ohne Reibereien und Zwischenfällen ablaufen. Auch unsere Studienfahrt bildete dabei keine Ausnahme, besonders kam dieses bei der Erledigung notwendiger Aufgaben in Haus und Hof (Abwaschen, Abtrocknen, Kühlschrankleeren) zum tragen. Kommen wir zum Schluß - ein Resümee: Alles in Allem war es wohl für jeden eine lehrreiches (Schleim, Kratz), anstrengend sportliche wie lustige Studienfahrt nach Texel. Sportlich vielleicht gerade deswegen, weil wir während unserer Sechs-Tage-Rundfahrt innerhalb der Tour de Texel 161.437 km (realistische Zahl) mit dem Rad zurücklegten. Sollte dennoch seitens einiger Schüler Kritik aufkommen, so ist dieses nicht weiter verwunderlich, handelte es sich doch um eine Reise mit 43 Schülern und 2 Lehrer, denen man es nie ganz recht machen konnte.

Anmerkung:

Personen und Handlungen diese Texelberichtes sind (ebendt nicht) frei erfunden. Sollten dennoch mögliche Abweichungen von der Realität in der Darstellung dieser Studienfahrt auftreten, so sind diese weder beabsichtigt noch zufällig, sonder unvermeidlich.

Gez. 2 Mitfahrer

Zusatz:

Bei der Betrachtung des Bildes oben (fehlt hier leider, Anm. D. Tippers) ist Ihnen sicherlich schon einiges aufgefallen. Richtig, erstens einmal nämlich dieser in Tarn- bzw. Spähhaltung befindliche Hüne(!) von Inselmensch, der allen Winden trotzt, alle potentiellen Feindgänger wittert und sowieso gänzlich beruhigt, seiner Überlegenheit bewußt, in die Ferne starrt und dabei die überwältigende Weite des Landes (Meeres) genießt sowie den Duft von Freiheit, Männlichkeit und Abenteuer einatmet!

Eindeutig, will man ihn beschreiben, eine Mischung aus Bogart, Belmondo, Galinsky und Bud Spencer, halt der Texel-Rambo, wie er im Busche hockt.

Weiterhin erkennen Sie daneben noch ein verängstigtes, scheues Etwas, welches ohne Zweifel Angst vor dem herannahenden Feind hat und wohl sämtliches Vertrauen auf unseren Texel-Rambo verloren hat.


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